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Orlando " Es ist immer ein Angriff auf uns Alle!"


Empfohlener Beitrag

Geschrieben

http://www.heise.de/tp/artikel/48/48532/1.html

Als Muslime im Westen als schwul galten Fabian Köhler 15.06.2016
Nach Orlando war für viele die Gleichung klar: Islam = homophob. Dabei hat die gleichgeschlechtliche Liebe in der islamischen Welt eine lange Tradition Oberflächlich gesehen, gibt es viele Möglichkeiten, die Taten des Omar Ma*** zu erklären: War er ein konservativer Waffennarr, der Menschen mit anderer Lebensweise so zum Schweigen brachte, wie es konservative Waffennarren eben tun? War er ein irrer Psychopath, der mit seiner eigenen sexuellen Identität nicht klar kam? Oder tötete Omar Ma*** am Sonntag 49 Besucher eines schwulen Nachtclubs, einfach weil er Muslim war und Muslime eben keine Schwulen mögen?
Jede dieser Erklärungen ist zu kurz gegriffen und dennoch haben sich viele Medien für eine von ihnen entschieden: die letzte. Dass Muslime per se homophob sind, scheint sich in den Augen vieler nicht nur am Sonntag in Orlando einmal mehr bestätigt zu haben: Im Iran hängen die Körper von Homosexuellen an Baukränen, in Saudi-Arabien schlagen Religionswächter Schwulen die Köpfe ab und in Syrien stürzt der selbsternannte Islamische Staat Homosexuelle aus Hochhäusern.
Doch die Gleichung "Islam = homophob" ist allenfalls so wahr wie ihr Gegenteil. Denn so sehr Islamisten heute Homosexualität verteufeln, so selbstverständlich war gleichgeschlechtliche Liebe jahrhundertelang in der islamischen Welt. Und so sehr Homophobie heute aus westlicher Sicht als typisch islamisches Problem gilt, so neu ist das Phänomen in der islamischen Welt.



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Rumi zeigt seine Liebe seinem Schüler Hussam al-Din Chelebi. Bild: gemeinfrei

Keine Kultur hat die Homoerotik mehr zelebriert als die islamische Vor allem ein Blick in die Geschichte islamischer Dichtkunst zeigt, wie unverklemmt Muslime jahrhundertelang mit der Liebe zum eigenen Geschlecht umgegangen sind. Jahrhundertelang zelebrierten islamische Lyriker in osmanischer, persischer und arabischer Sprache die Lust am und die Liebe zum gleichen Geschlecht. Wahrscheinlich dürfte keine andere Kultur eine solche Vielfalt an homoerotischer Literatur hervorgebracht haben wie die islamische.
Der persische Dichter Rumi, dessen Leben momentan mit Leonardo Di Caprio in der Hauptrolle von Hollywood verfilmt wird, schwelgte nicht nur in seinen Gedichte in homoerotischen Phantasien, er lebte diese auch - gesellschaftlich völlig akzeptiert - in seinem Privatleben aus. Voll mit Versen über gut gebaute Männerkörper sind auch die Werke des vielleicht berühmtesten persischen Dichters: Hafiz, jener Lyriker, der Johann Wolfgang von Goethe zum West-Östlichen Diwan inspirierte
Wenn heutige Islamisten vorgeben, sich in ihrer Homophobie auf die Zeit der ersten islamischen Kalifen zu berufen, sollten sie vielleicht erst einmal bei den Dichtern jener Zeit nachlesen. Einer der bekanntesten arabischen Dichter, Abu Nuwas, schrieb im 9. Jahrhundert über seine Geschlechtsgenossen:
Im Bade wird dir das sonst durch die Hosen Verborgene sichtbar. Auf zum Betrachten! Gucke mit nicht abgelenkten Augen! Du siehst einen Hintern, der einen Rücken von äußerster Schlankheit in den Schatten stellt. Sie flüstern sich gegenseitig: 'Gott ist groß' und 'Es gibt keinen Gott außer Allah' zu.


Abu Nuwas

Geschrieben

http://www.heise.de/tp/artikel/48/48532/2.html

Homosexualität war so selbstverständlich, dass es sie nicht gab Für Rumi, Hafiz, Abu Nawas und hunderte andere Lyriker gehörten homoerotische Verse so selbstverständlich zu ihrer Dichtkunst, weil homosexuelle Beziehungen in der islamischen Welt des 8. bis 18. Jahrhunderts in einem Maße akzeptiert waren, von dem Mann im christlichen Abendland nur träumen konnte.
Während im Europa jener Zeit Homosexuelle auf Scheiterhaufen brannten und jede Literatur, die gegen die restriktive Sexualmoral der katholischen Kirche widersprach, auf den Index gesetzt wurde, erklärten islamische Gelehrte die Zuneigung zum eigenen Geschlecht zur natürlichen Begierde.
Anders als wie im Westen üblich, die Welt in Homosexuelle und Heterosexuelle einzuteilen, gingen sie davon aus, dass die Begierde des eigenen Geschlechts jedem Menschen innewohnt. Hinweise auf Diskriminierung von Homosexuellen sucht man in der islamischen Geschichte auch deshalb jahrhundertelang vergebens, weil es die Zweiteilung der Sexualität in Homo und Hetero schlichtweg nicht gab.


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Schāh Abbās I und ein Page, 1627, Louvre, Paris. Bild: gemeinfrei

Zwar verbot auch der Koran Analsex, strafrechtliche Konsequenzen hatte das allerdings in den seltensten Fällen zur Folge. Nicht zuletzt auch wegen der hohen verfahrenstechnischen Hürden, die das islamische Recht in solchen Fällen vorgab: Indizienprozesse gab es nicht. Stattdessen mussten mindestens vier männliche Augenzeugen den Geschlechtsakt bezeugen. Da diese außerdem oft einen gewissen gesellschaftlichen Status innehaben mussten und bei Falschaussage hohe Strafen drohten, waren in der Praxis Verurteilungen wegen Analsex nahezu ausgeschlossen. Steinigungen, wie sie heutige selbsternannte islamische Fundamentalisten fordern, hat es vor dem 18. Jahrhundert wahrscheinlich überhaupt nicht gegeben.
In Europa galten Muslime als schwul In Europa rankten sich unterdessen schon damals allerlei Klischees um das Thema Islam und Homosexualität. Nur der Unterschied zu heutigen Feindbilder könnte größer nicht sein. Massenhaft brachten europäische Orientreisende Geschichten über sexuelle Lasterhaftigkeit mit zurück ins christlich-verklemmte Abendland. Der Muslim jener Tag galt im christlichen Europa nicht als homophob, sondern als freizügig, sexuell enthemmt und schwul.
Das alles ist freilich lange her. Mit der europäischen Kolonialarmee fand auch die homophobe Sexualmoral des Westens Einzug in die einst liberale islamische Welt. Und auch die Gegenbewegung zum Einfluss des Westens - der Islamismus des 19. und 20. Jahrhunderts - wandte sich gegen jene liberalen Gesellschaftsentwürfe, die über Jahrhunderte das Liebes- und Sexleben der islamischen Welt geprägt hatten.
Auch heute noch gehört Gruppenmasturbation mit den Kumpels zur Pubertät muslimischer Jungen Der Einfluss von Islamismus und Kolonialismus geht in islamischen Gesellschaften so tief, dass vielen Muslimen ihre eigene Sexualtradition heute unangenehm ist. Von der sexuellen Vielfalt früherer Tage sind die meisten Muslime heute ebenso entfremdet wie ihre westlichen Gleichaltrigen. Homophobie vom skeptischen Blick bis hin zum staatlich legitimierten Mord gehören in der islamischen Welt heute zum Alltag. Im Sudan, Jemen und Iran, in Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten droht Homosexuellen die Todesstrafe.
Und dennoch sind auch heute noch in der islamischen Welt Überbleibsel der vergangenen Zeiten spürbar. Auf den Straßen arabischer Städte laufen Männer noch immer Hand in Hand, sind Küsse selbstverständliches Begrüßungsritual. Wie groß wäre die soziale Ächtung oder die Prügel, würde ein deutscher pubertierender Junge seine Kumpel zum gegenseitigen Oralsex oder zur Gruppenmasturbation einladen. Für viele Heranwachsende in islamischen Ländern ist beides völlig selbstverständlich, ohne dass jemand auf die Idee käme, dies als "schwul" zu verurteilen.
Auch der Attentäter von Orlando soll regelmäßig in dem Schwulenclub verkehrt haben, in dem er am Sonntag 49 Menschen hinrichtete. Vielleicht tat er dies nicht obwohl, sondern gerade weil er Muslim war. Abwegig? Mit Sicherheit! Genauso abwegig, wie seine Taten allein mit seiner Religion erklären zu wollen.
Geschrieben

Interessanter Artikel @lumpi1001.
Nur mit dem veröffentlichen von kompletten Artikeln hier im Forum sollte man vorsichtig sein, das ist rechtlich nicht ok glaube ich.
Erlaubt sind normal nur Auszüge mit Quellenanganbe, die dann aber verlinkt sein dürfen.

Geschrieben

quelle, autor und link sind genannt, danke für deinen tipp dass nur auszüge gepostet werden dürfen, ich denk drann beim nächsten mal. grüße


Geschrieben (bearbeitet)

merkel erwähnte in ihrer stellungnahme mit keinem wort die sexualität der opfer im gay-club in orlando und verklärt somit die anschlagshintergründe und deren motive samt ihrer gesellschaftlichen brisants sowie den bedarf der auseinandersetzung mit dem thema der rechtlichen und gesellschaftspolitischen gleichstellung von lgbt-menschen und die notwendigkeit der normalisierung der unterschiedlichsten sexuellen selbstbestimmungen aller menschen... indirekt distanziert und ignorant...


bearbeitet von Inaktives Mitglied
Geschrieben

Wundert dich das?
Unabhängig von diesem schrecklichen Massaker, lassen sich doch Merkel und die Unionsparteien bezüglich der Gleichstellung vom Bundesverfassungsgericht treiben. Es wird immer nur so viel zugestanden, wie von Karlsruhe gefordert wird.
Da wundert es mich nicht, dass Merkel jetzt mit keinem Wort darauf eingeht, dass dies ein Anschlag auf einen Schwulenclub war.
Weiten Teilen der CDU und wohl der kompletten CSU wäre es doch am liebsten, wenn die Debatte über die Gleichstellung wieder total verschwinden würde.


Geschrieben

sorry, auch ich war "verwundert" dass bzw. wie Frau Merkel zu den Vorkommnissen in Orlando reagiert hat. Doch soeben brachte TAGESSCHAU.de eine Meldung -siehe etwas weiter unten- und so mußte ich meine Kritik an der Bundeskanzlerin revidieren


Geschrieben

Soeben in "The Huffington Post" gesehen. Hacker haben Twitterkonten von IS Anhänger gehackt

Ashampoo_Snap_2016.06.16_12h19m31s_001_.jpg

Geschrieben (bearbeitet)

Soeben 16.06.2016 brachte TAGESCHAU.de nachstehende Meldung
Hat die Bundesregierung nicht genug hervorgehoben, dass die meisten Opfer des Attentats auf den Nachtclub "Pulse" Schwule, Lesben, Bisexuelle und Transgender waren? Dieser Vorwurf wurde wiederholt gegen die Kanzlerin erhoben. Nun hat sie ihre Haltung klargestellt.

Nach dem Attentat auf einen Schwulenclub in den USA mit mindestens 49 Toten hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel besorgt über Hass gegen Schwule und Lesben geäußert. Die CDU-Vorsitzende bezeichnete es in Berlin als "Warnsignal", dass auch in Deutschland homophobe Einstellungen wieder zunähmen.
Zugleich versicherte sie, ihr Denken und Handeln sei davon geprägt und geleitet, "dass unser Leben in offenen und freien Gesellschaften geprägt sein muss von Respekt gegenüber dem jeweils anderen - egal, was er glaubt, egal, wie er aussieht und egal, wen er liebt." Nur so könne man in einer Gesellschaft Hass bekämpfen.

Damit kein falsches Bild entsteht, ich bin kein CDU/CSU Wähler, jedoch der fairnishalber sollte man die Meldung zur Kenntnis nehmen. Es ist gut, dass Frau Merkel dieses erklärt hat.

bearbeitet von oldysuchtjungy
Zusatz angefügt
Geschrieben

ein gedanke...: es liegt, so denke ich, mit in unserer verantwortung jetzt nicht mit auf einer religion rum zu hacken wie ich es leider immer wieder lesen und hören muss (zumal mir gerade keine religion einfällt die homosexuelle akzeptant predigte in den letzten jahrzehnten), sonder uns vielmehr zu fragen was wir als lgbt-comunity dazu beitragen können, dass unsere unterschiedlichsten gesellschaftlichen und auch sexuellen befindlichkeiten eine breite normalität und eine ganz normale akzeptanz finden. was wir jetzt nicht gebrauchen können ist eine hexenjagt oder ein weitertreiben der gewaltspirale. eine vielschichtige gesellschaftliche auseinandersetzung mit dem thema ist sicher viel wichtiger und nachhaltiger. mir persönlich ist es wichtig das wir uns nicht durch unserer unterschiede von einander abgrenzen sondern uns vielmehr an hand unserer gemeinsamkeiten finden und schätzen lernen, denn lieben tun wir schließlich alle, nur jede(r) halt was u. wen anderes o. anderen (wie auch immer) und das ist auch völlig normal und gesund meines erachtens nach solange es niemanden in seiner unversehrtheit beeinträchtigt oder gar schädigt. soweit...


Geschrieben

Da nützt längerfristig nur Aufklärung über die Normvarianz des Natürlichen, die Buntheit, Vielfalt in ihrer Wirklichkeit, und davon die Abgrenzung in der Erkenntnis darum, dass Religionen auf nicht verifizierbaren Mythen basieren.
Sie sind Privatsache. Haben keine allgemeinbedeutende Lehrgewalt.Und so keine Weisung über Varianz in der Natur!

Dazu muss endlich die Gleichstellung und ein gelebter Respekt in gleicher Würde für jeden Menschen kommen - auch in Rückstands-Deutschland. Eine Regierung bzw. Kanzlerin, die LBGT nicht akzeptiert, mit einem 'Bauchgefühl' gegen gleiche Würde argumentiert, und ihr Bekennen in der Rede von einem Vorsprecher abkupfert (Seibert) um das wenig bewegt abzulesen, damit das auch mal gemacht wurde, steht dem eher im Wege.

Man sollte bei aller typisch europäischer Waffen-Angst aber auch bedenken, dass strenge Waffengesetze nicht verhindert hätten, dass sich ein Angehöriger eines Sicherheitsdientes die Colt AR-15 besorgen können hätte. Auch solche Individuen, die sich sowieso nicht an Gesetze halten, können sich diese besorgen. Strikte Waffengesetze sorgen eher für einen Faktor der Wehrlosigkeit bei der Menschengruppe, die sich Waffen sowieso nicht zulegen würde. Am Ende kann man die Schuld von dem, der die Waffe benutzt, nicht auf die Waffe selbst abwälzen, auch wenn es menschlich typisch ist, Schuld nicht einzugestehen. Es tötet der Mensch. Nicht der Gegenstand.


Geschrieben



Dazu muss endlich die Gleichstellung und ein gelebter Respekt in gleicher Würde für jeden Menschen kommen - auch in Rückstands-Deutschland. Eine Regierung bzw. Kanzlerin, die LBGT nicht akzeptiert, mit einem 'Bauchgefühl' gegen gleiche Würde argumentiert, und ihr Bekennen in der Rede von einem Vorsprecher abkupfert (Seibert) um das wenig bewegt abzulesen, damit das auch mal gemacht wurde, steht dem eher im Wege.



Da zeigt sich das entscheidende Problem, das wir in Deutschland seit Ende von Rot-Grün unter Schröder/Fischer haben. Die Unionsparteien lassen sich vom Bundesverfassungsgericht trieben, es wird immer nur gerade soviel Gleichstellung zugestanden, wie Karlsruhe höchstrichterlich fordert, da half bei Schwarz-Gelb nicht einmal Westerwelle, als schwuler Außenminister und Vizekanzler etwas, der war auch irgendwie nur das Feigenblatt, mit dem die Union zeigen wollte, wie Tolerant sie doch ist.
Wenn man sich Aussagen großer Teile der Unionsbasis anschaut, sind die nicht weit von den Forderungen der AfD entfernt. Zumindest hört es sich in Bayern so an, wenn man sich an Stammtischen umhört.


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