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Was ist "deutsch"?


Empfohlener Beitrag

Geschrieben

Wer erwartet, dass in dem eigens geschaffenen Forum "Kultur und Politik" Diskussionen im Twitter-Stil geführt werden könnten, der sollte sich wohl besser an BILD-Lektüre halten, sonst sich aber eines Urteils über Textlängen enthalten.

Wer den ausführlichen Beitrag von @Psychodoc nachvollzogen hat, der wird nicht umhin können, sich an an die Mephisto-Worte im "Faust" zu erinnern: "Am besten ist's auch hier, wenn Ihr nur Einen hört/Und auf des Meisters Worte schwört./Im ganzen - haltet Euch an Worte!/ Dann geht Ihr durch sichre Pforte/Zum Tempel der Gewissheit ein." Es sind im vorliegenden Fall zwei Meister, die @Psychodoc beschwört: Fichte und Meinecke. Wobei der auch antijüdischer Töne durchaus fähige politische Publizist Meinecke als jemand dargestellt wird, dessen Rang für die Geschichtsphilosophie Gottähnlichkeit beanspruchen könne. Mag Meinecke auch als "Begründer der Ideengeschichte" angesehen werden (orientierungssuchende westdeutsche Historiker glaubten in den beiden ersten Jahrzehnten der Nachkriegszeit, in der "Ideengeschichte" ein Erklärungsmuster gefunden zu haben) . so ist seine simplifizierende Betrachtungsweise kaum geeignet als letzlich gültige Definition über das "Deutsche" schlechthin.

Der germanozentristisch verengte Blickwinkel Meineckes krankt daran, staatspolitisch wirksam gewordene kulturhistorische Entwicklungen anderer Länder einfach zu übersehen. Doch selbst dort, wo sich, wie im Falle Frankreich, Meinecke einmal endlich von seinem deutschen Mantra löst, sind ihm die gesellschaftspolitischen Veränderungen in den Jahrhunderten vor der Französischen Revolution keine Zeile wert. Die grandeur Frankreichs ist eben keine revolutionäre Erfindung; die Besinnung auf die Notwendigkeit nationalstaatlicher Einigung erfolgt mitten im Hundertjährigen Krieg und deshalb ist Jeanne d' Arc nicht von ungefähr die Nationalheilige (auch wenn sie erst 500 Jahre später offiziell kanonisiert worden ist) . Dass in Deutschland, ebenso wie in Italien, erst im 19. Jahrhundert eine nationale "Idee" breiteren Raum gewann - Lothar Gall hat das in "Bürgertum in Deutschland" sorgfältig nachgezeichnet - , das verhinderte keineswegs die Zänkereien im Paulskirchenparlament 1848/49 über die Frage, ob eine großdeutsche oder kleindeutsche Lösung der Reichsgründung angestrebt werden solle. Die reaktionäre "Alldeutsche Bewegung" mit ihrem mythischen Geraune hatte dann leider auf den jungen Hitler in Wien besonderen Eindruck gemacht.

Was nun Fichte anbetrifft (dem Jean Paul schon kräftig die Leviten gelesen hatte), so hat dieser die Sprache als emotionelles Bindeglied sowohl unter- als überschätzt, was auch daran gelegen haben mag (Madame de Staël hat das süffisant angemerkt), dass der Philosoph kaum einer aktuellen Fremdsprache mächtig war. Es will mir nicht einleuchten, durch einen Rückgriff auf die in ihrer "deutschen" Sicht außerordentlich beschränkten Fichte und Meinecke im 21. Jahrhundert eine Diskussion über Deutschland und über das "Deutsche" generell zu führen.

Wenn Völkern, ob berechtigt oder nicht, bestimmte Eigenheiten im Positiven wie im Negativen nachgesagt werden, so muss untersucht werden, inwieweit diese vorgefassten Meinungen einen reale Ursache haben, die in der Mentalitätsgeschichte (nicht "Ideengeschichte"!) dieser Völkerschaften begründet sein könnte. Weshalb, so müssten wir fragen, werden bereits im 16. Jahrhundert DIE Deutschen (nicht die Bayern oder Sachsen) als trinkfreudige und -feste Rüpel mit einer Vorliebe für Fäkalhumor beschrieben? Weshalb hat sich trotz der Internationalität der barocken Affektenlehre eine erkennbar deutsche Musiktradition herausgebildet (J.S. Bach ist ein gutes Beispiel) ? Weshalb ist gerade Deutsch (heutzutage Englisch) als zu erlernende Wissenschaftssprache maßgebend gewesen für den Bereich der Naturwissenschaften? Weshalb sind deutsche technische Spezialfirmen (vorzugsweise aus dem Südwesten) heutzutage immer noch Weltmarktführer? usw. usw.

Es ist doch mehr als töricht, die Frage "Was ist 'deutsch'?" mit einem Exkurs auf Fichte, Meinecke und zwölf Jahre Nationalsozialismus beantworten zu wollen. Einem Psychologen der heute versuchte, nur mit Freud, Jung, Kretschmer und Binswanger seinem Beruf nachzugehen, würde zurecht der Vorwurf der Engstirnigkeit und der restlos überholten Ansichten gemacht werden können. Die Diskussion um das "Deutsche" bedarf des interdisziplinären Ansatzes, der sich parteiideologisch intendierte Mätzchen von vornherein verbittet.

Geschrieben

Mir scheint, in meinem obigen Posting wurde der Ariadnefaden noch nicht gefunden. Ich füge also wohl oder übel ein paar Erläuterungen an, denn wer den Ariadnefaden nicht findet, könnte dem Minotaurus begegnen!

Friedrich Meinecke habe ich bemüht, um die Unterscheidung von Staatsnation und Volksnation, die bereits bei Ranke angelegt ist, einzuführen und beide Begriffe auf den französischen und deutschen Nationalismus anzuwenden. Der deutsche Nationalismus bezieht sich folglich nicht auf einen Staat als eine Gründung des freien Willens, sondern auf ein Volk, das eine objektiv gegebene Einheit sein soll, die sich durch gemeinsame Sprache, Abstammung und Geschichte auszeichnet. Meineckes Ansichten über Deutschland, die er im Gefolge seines nicht eben sympathischen Lehrers Treitschke vertrat, habe ich mit keinem Wort erwähnt, und ich halte Meinecke auch nicht für einen Säulenheiligen der Geschichtsschreibung; mit „Staatsnation“ und „Volksnation“ hat er aber ein Begriffspaar geschaffen, das ähnlich wie „Gesellschaft“ und „Gemeinschaft“ sinnvolle Zuordnungen erlaubt.

Sodann habe ich Fichte als Ausgangspunkt des erwachenden deutschen Nationalismus im 19. Jahrhunderts referiert, der er ja auch war (die „Reden an die deutsche Nation“ waren über viele Jahre eine Pflichtlektüre des Bürgertums), und festgestellt, dass er die Sprache für das entscheidende Merkmal einer Nation hält, nicht aber Abstammung und Geschichte; die Sprache wiederum nicht als ein Fixes, Festliegendes, sondern als einen Gegenstand der schöpferischen Entwicklung. Damit ist gezeigt, dass der deutsche Nationalismus in seinen Anfängen keineswegs auf biologische oder rassische Kriterien rekurrierte. Es ist also mitnichten meine Absicht, die gesamte Geistesgeschichte des 19. Jahrhunderts im Nationalsozialismus sozusagen ihre Vollendung finden zu lassen. Herder und Fichte hätten die Lehren eines Rosenberg zweifellos perhorresziert. In ihrem Gefolge hätte sich vielmehr ein liberaler Nationalismus im besten Wortsinn entwickeln können, von dem in den Auseinandersetzungen der Paulskirchenversammlung noch etwas zu spüren ist.

Inwieweit nun ein Volk – ich bleibe selbstverständlich bei der Definition von „Volk“ als einer Sprachgemeinschaft – gewisse typische Eigenschaften, Charakterzüge, Vorlieben, Traditionen ausbildet, ist sicherlich nicht seiner biologischen Abstammung geschuldet. Alle Völker sind Mischvölker, sofern sie nicht auf Inseln wie Island leben, und es ist ja auch durchaus möglich, dass sich Fremde in einen Stamm oder ein Volk integrieren und dessen Gewohnheiten annehmen. Angesprochen ist vielmehr ein gemeinsamer Stil, der sich natürlich über die Jahrhunderte entfaltet. Mit Zuordnungen aber sollte man vorsichtig sein. Hat Mozart deutsche Musik komponiert? Sind Wagners Konzeption von Musikdrama und Gesamtkunstwerk, jenseits alles mythomanischen Brimboriums, sind seine Leitmotivtechnik, der Sprechgesang usw. wirklich deutsch, oder hätten sie auch andernorts entstehen können, als Emanationen einer genialen Individualität? Jede Zuordnung als „typisch deutsch“ – zumal die des Nationalsozialismus – gerät in die Irre und bei einigem Nachfragen in die Defensive. Dass das Deutsche – als Sprache – andere Gebilde hervorbringt als das Englische oder Italienische, ist unbestritten; die ihm innewohnende „Volksseele“ bleibt eine Chimäre von Dumpfbacken-Nationalisten, und sonst gar nichts

Geschrieben

Ich teile die Bedenken von @Silberblick, der bezweifelt, dass längere Beiträge hier überhaupt gelesen werden. Auch die Thematik erscheint wohl den Menschen im Kontakthof "gay.de" , die auf dem Weg ins Glück sind, skurril.
Ich will trotzdem meinen Vorrednern antworten, wenn auch-hoffentlich- kürzer. Ich teile nicht das existenzialistische Pathos @Psychodocs, der sich in allem selbst "gestalten" will und bedauert, ohne" sein Zutun" in einem Land per Zufall geboren zu sein. Ich dagegen habe es schon 14 Tage nach meiner Geburt meinen Paten überlassen, in meinem Namen feierlich dem Satan und seinen Werken zu widersagen. Ich habe das nicht als Fremdbestimmung gesehen, sondern fühle mich in meinen Traditionen wohl. Ich bin ein guter Deutscher, Rheinländer, Katholik,bin auch auf manche meiner Vorfahren stolz, bin ein Familienmensch- und all dies habe ich nie als Last, sondern als Geschenk erfahren.
@Psychodoc meint, mir würde warm ums Herz, wenn ich an Deutschland denke. Das ist richtig, falls diese Meinung zulässt, dass ich auch über Deutschland kritisch nachdenke. Überhaupt erfasst man eine Sache nur recht, wenn man sie ein wenig liebt. Der Hass zielt nur auf ihre Fehler, die gleichgültige Neutralität gleitet an der Oberfläche dahin. Deutschland ist für mich das Land der großen Denker und Musiker, auch sehr beachtlich in Dichtung und bildender Kunst,wenngleich nicht so überragend. Viele der Deutschen zeichnen sich durch Ordnungssinn, Zuverlässigkeit und Pflichtgefühl aus, sie harren auch in Situationen aus, die für ihr kleines Leben sehr bedrohlich sind. Sprichwörtlich ist ihr Sinn für Gerechtigkeit, der sie leider zu Meistern der Selbstkritik macht. Daher fällt in Deutschland jeder Zug der nationalen Überheblichkeit sofort als lächerlich auf. Dagegen wird @Psychodocs typisch deutsche Charakterisierung seines Vaterlandes als "wildes Tier", das ganz besonders überwacht und eingesperrt werden muss,auf verständnisvolle Leser treffen. Ähnlich grob sieht @Psychodoc im Bismarck- Reich ein Verhängnis. Das erscheint aber nur dann richtig, wenn man die Geschichte mit den Augen der später so genannten Westmächte sieht und das Deutungsschema eines Whig verwendet.
Zu @Psychodocs Ausführungen über die deutsche Geistesgeschichte möchte ich nur wenig sagen, da hier bestimmt nicht der richtige Platz für solche Übungen ist. Mir gefällt daran, dass er immerhin aus den deutschen Philosophen kein Verbrecheralbum zaubert. Er entschuldigt sie, sieht sie missdeutet, "pervertiert". Damit verharmlost er die Dinge freilich, dagegen lodert er in maßlosem Zorn gegen die "Afterphilosophen" der wilhelminischen Zeit auf und übertreibt dabei sehr..
Mir scheint es an der Zeit, die Vergangenheit vergehen zu lassen und nach langen Jahren verständlicher Selbstgeißelung wieder ein Verhältnis zu sich selbst zu entwickeln, wie es in anderen Nationen auch üblich ist.Nicht mehr und nicht weniger.


Geschrieben

@Nuwas weiß natürlich genau, dass es in der Geschichte keine tabula rasa gibt, auf der sich dann ein neues Szenario entfalten könnte, so wie eine Symphonie mit dem ersten Akkord anhebt. Eingedenk des Geschehens, das mit der totalen Niederlage 1945 endete, bleibt den Deutschen nichts anderes übrig, als nach einer Identität jenseits von Nationalismus und Reichsgründungsphantasien zu suchen. Und diese Identität entwickelt sich ja in einem offenen, gastfreundlichen, integrativen und international engagierten Deutschland. Sicherlich ist sie weniger dramatisch, auch weniger identifikationsfähig als ein stolzes Ariertum, das über andere Völker die Peitsche schwingt. Aber ich denke, uns kann dieser Mangel an Dramatik ganz recht sein; sonst wären wir wohl schon achtzehnjährig für ein paar hohle Phrasen gefallen.

Geschrieben

Schon zum zweiten Mal führt @Psychodoc den "Chefideologen" des "Dritten Reiches", Alfred Rosenberg, an. Dessen unsäglich dummes Buch "Der Mythus des 20. Jahrhunderts" , in dem er Polygamie und Zwangsterilisationen propagiert und sogar über ein angeblich von Apostel Paulus unterdrücktes "fünftes Evangelium" herumschwafelt, ist selbst von überzeugten Nationalsozialisten als das vernichtend kritisiert worden, was es tatsächlich ist: eine krude, geistlose und wirre Ansammlung pseudophilospohischer Phrasen.
Zwar hatte Hitler Rosenberg zum "Beauftragten des Führers für die Überwachung der gesamten geistigen und weltanschaulichen Schulung und Erziehung der NSDAP" ernannt, gleichwohl aber erklärte Hitler im Februar 1934 dem Kölner Erzbischof Karl Joseph Schulte: "Ich will das Buch nicht. Rosenberg weiß das, ich habe ihm es selbst gesagt." Hitler hielt Rosenbergs 800-Seiten-Wälzer für "unlesbar". Zwar hatte der "Mythus" bis 1945 eine Gesamtauflage von zwei Millionen erreicht, bekannt aber der breiteren deutschen Öffentlichkeit wurde das Buch durch den von ihm ausgelösten Streit mit der katholischen Kirche.

Weshalb nun @Psychodoc zur Untermauerung seiner Deutsch-Definition das geistesgeschichtlich und politisch völlig unwirksam gebliebene Rosenberg-Elaborat heranzieht, will sich mir nicht erschließen. Vielleicht aber kann der User @Psychodoc als Ariadne dem unbehausten Leser wirklich einen roten Faden zur Orientierung anbieten, anstatt den Faden, zusammen mit allerlei historizistischen Wollresten, in der ideologischen Strickliesel zu verarbeiten zu einem kurios anmutenden Deutschdeutungswürstchen.


Geschrieben

Das Wort " Patriot " oder " Patriotismus " ist in keinem Beitrag zu finden. Weil eine patriotische Einstellung mit dem Nationallismus,bzw. Chauvinismus, gleichgesetzt wird ? Oder als Tarnung für für nationalistische Ansichten betrachtet wird ? Nationalisten erheben für sich den Anspruch,auch Patrioten zu sein. Johannes Rau,der ehemalige Bundes-
präsident hat den Unterschied so formuliert: " Ein Patriot ist jemand,der sein Vaterland liebt.Ein Nationalist ist jemand,der die Vaterländer der anderen verachtet." Als Patriotismus wird eine emotionale Verbundenheit mit der eigenen Nation bezeichnet.Im Deutschen wird anstelle des Lehnwortes auch der Begriff " Vaterlandsliebe" synonym verwendet.Auch das Wort Vaterland taucht nicht auf.Bei Nuwas letztem Beitrag wurde mir auch " warm ums Herz" bei seinen Sätzen wie ein Glaubensbekenntnis.Es wird viel auf Frankreich bezug genommen.Der Philosoph Alain Finkelkraut beklagt die Identitätskrise einer Nation.Der Franzose hat ein neues Buch geschrieben " Die unglückliche Identität" über dessen Inhalt der neue Spiegel ein Gespräch mit ihm führt." Darin sagt er: " Fankreich darf nicht selbst in Verzückung geraten.Aber es hat Belege seiner Zivilisation,genau wie Deutschland--es hat seine Sehenswürdigkeiten,seine Plätze,seine Cafes,den Reichtum seiner Literatur und seiner Künstler.Auf diese Vorfahren dürfen wir stolz sein,und wir müssen uns ihrer würdig erweisen.Ich bedaure,dass Deutschland--aus Gründen,die man verstehen kann--mit dem Stolz auf diese Vergangenheit gebrochen hat." An anderer Stelle::" Frankreich soll immer noch seine Rechnung für die Sünden des Kolonialismus bezahlen,die Schuld gegenüber jenen
begleichen,die es heute verunglimpfen.Mit Albert Camus bin ich der Ansicht,dass die Aufgabe unserer Generation nicht darin besteht,die Welt neu zu erschaffen,sondern ihren Zerfall zu verhindern.Wir müssen nicht nur die Natur,sondern auch die Kultur bewahren Da haben Sie den Reaktionär." sagte er.


Geschrieben

@Minotaurus: Also bitte! Der Name Rosenbergs steht hier stellvertretend für das äußerste Ende jenes Bio-Nationalismus, den ich oben skizzierte. Ich könnte auch die Namen Günther, Kolbenheyer, Leers, Bäumler u. a. m. nennen, aber wer kann mit denen noch etwas verbinden? Glücklicherweise sind sie vergessen. Mein Satz, Herder und Fichte würden Rosenbergs (und verwandte) Lehren perhorresziert haben, bedeutet schlichtweg: Es führt kein Weg von den großen deutschen Denkern zum Nationalsozialismus - auch nicht von denen, die von "Nationalisten" und ihren Geistesverwandten gern vereinnahmt werden.

Der "Mythus" ein unsäglich dummes Buch? Immerhin war er als Fortsetzung von Chamberlains "Grundlagen des XIX. Jahrhunderts" konzipiert, und der - wenn man @Nuwas glauben darf - war doch ein großer Philosoph und Schriftsteller. Vielleicht verrät uns @Minotaurus auch, warum Hitler den "Mythus" ablehnte.

@fellatio: Die Philosophin Hannah Arendt - gleich wird bei @Nuwas das Warnlämplein des "jehuda patet" angehen - sagte einmal: "Ich habe immer nur meine Freunde geliebt, aber doch niemals ein Volk." Ganz meine Meinung.


Geschrieben

@ Fellatio
Deine Unterscheidung zwischen "Patriotismus" und "Nationalismus" will ich akzeptieren, wenngleich mir die Erläuterung Raus nicht ganz passt. Wie schon öfter hier gesagt, setzen die Wörter auf -ismus den Wortanfang als Prinzip ihrer Weltsicht. Ein "Nationalist" ist ein Mensch, dem das Wohl und Wehe seiner Nation das Allerwichtigste ist.Es ist das Prinzip seiner Weltanschauung. Solche Menschen sind meist geneigt, die Wertschätzung der eigenen Art bei anderen anzuerkennen. Sie können sich darin wiederfinden. Ein (übrigens sehr hübscher) Marokkaner versicherte mir einmal, er sei ein guter Muslim und guter Marokkaner. Ich habe das akzeptiert, wenn es auch meinen damaligen Wünschen nicht gerade entgegenkam. Wer sich selbst schätzt, der findet es selbstverständlich, dass auch andere ihre Eigenart lieben. Für mich ist also Nationalismus eine etwas heißblütigere, weniger gemütliche Art des Patriotismus- aber deshalb nicht dämonisch.
Ich lese jetzt den neuen Beitrag von @Psychodoc Nein, nein. Deine Einschätzung verschiedener Autoren teile ich nicht. So höre ich in jedem Jahr die "Weihnacht eines Sonderlings" von Kolbenheyer (von ihm selbst gelesen) ,dem wunderbaren Schriftsteller aus dem Sudetenland. Ob er nun ein Weltgenie war, entzieht sich wohl der Deutung von Leuten, die Böll, Grass und Frau Jelinek diesen Platz reserviert haben.
Ich habe Chamberlain nicht als großen "Philosophen" bezeichnet. Er hat aber feine Bücher über Kant und Goethe geschrieben und eine schöne Übersicht über seinen "Weg". Ich schätze Hannah Arendt, da leuchtet bei mir kein Lämpchen auf. Dagegen versichern jüdische Kreise in den USA, dass niemand "Miss" Arendt ernst nimmt. Das Zitat ist freilich so albern wie die Versicherung Gustav Gustav Heinemanns, er liebe nicht sein Vaterland, sondern ...seine Frau.


Geschrieben

Das wundert mich nicht, ist doch Kolbenheyers „Bauhütte“ in ihren Grundzügen der biologistischen Anthropologie eines Gehlen nicht unähnlich. Kein Kommentar, dafür aber ein Gedicht: Tausend müssen sinken und sterben / Dass einer werde / Einer, zum kampfgehärteten Erben / Auf strenger Erde. Keiner über den anderen allen / Der es genösse / Einer, auf den das Los gefallen / Der es erschlösse. Tausend müssen bluten und streben / Dass einer baue / Blicke verdürsten aus tausend Leben / dass einer schaue.


Geschrieben

@Psychodoc.
Dass ein Autor sich als legitimer Nachfolger eines anderen Autors begreift oder zumindest den Anspruch erhebt, eine ähnliche Bedeutung einnehmen zu können, das ist nun wahrlich keine Neuigkeit, weder in der sogenannten schönen Literatur noch in der Philosophie. Über den Rang oder den Wert solcher Autoren und deren Bücher sagt eine solche Selbsteinschätzung gar nichts. Deshalb könnte der Satz

Zitat @Psychodoc
"Immerhin war er als Fortsetzung von Chamberlains "Grundlagen des XIX. Jahrhunderts" konzipiert"

sogar als eine Art nachträglicher Ehrenrettung und Nobilitierung für Rosenbergs Schwiemelmonster "Mythus" gehalten werden, was allerdings nicht unterstellt werden soll.

Trotz seines spät einsetzenden Auflagenerfolges hat der "Mythus" keineswegs in Nazi-Deutschland jene herausragende Rolle gespielt, die dem Buch fälschlicherweise vor allem im Nachkriegsdeutschland zugemessen worden ist.(Rosenbergs Buch und dessen Einfluss waren schon in den Nürnberger Prozessen überschätzt worden) Bis 1933 war lediglich in den Nationalsozialistischen Monatsheften eine einzige Rezension erschienen, die zudem Rosenberg selbst(!) verfasst hatte. Auch längere Zeit danach war nirgends in den großen Zeitungen eine Besprechung erschienen, mit Ausnahme der Parteizeitung "Völkischer Beobachter". Obwohl das "Großdeutsche Leihbüchereiblatt" das Überspringen der Millionengrenze für den "Mythus" großartig feierte, stand 1935 das Buch in der Einkaufsliste der Volksbüchereien mit gerade mal 126 Stück auf Platz 70. Ein einflussreicher Erfolg sieht anders aus!

Weshalb Hitler den "Mythus" ablehnte? Zunächst hatte er sich möglicherweise geärgert über Rosenberg, der in den 20er-Jahre zu Hitlers "Mein Kampf" schrieb, es wirke "hastig geschrieben". Im Oktober 1936 befand dann Hitler barsch über den "Mythus", es sei das Produkt "eines engstirnigen Balten, der furchtbar kompliziert denkt." Die nationalsozialistische Bewegung baue auf "moderner Wissenschaft" auf, aber nicht auf einem Mythus. Schon den Titel des Buches fand Hitler falsch.

Da @Psychodoc in seiner bevorzugt negativen Deutsch-Deutung so sehr auf die Wirkungsgeschichte mancher Bücher abhebt, sollte er nicht der Versuchung erliegen, ein erst im "Dritten Reich" zum Verkaufserfolg gekommenes, aber daran gemessen wenig gelesenes Buch wie den "Mythus" als Urteilsbegründung heranzuziehen.

Geschrieben

@Psychodocs "bevorzugt negative Deutsch-Deutung" ist allerdings beklagenswert. Dabei gilt doch für unsas sozialistische Element im Nationalsozialismus, das Denken seiner Gefolgsleute, das subjektiv Revolutionäre an der Basis, muss von uns erkannt werden.Es stellt eine Voraussetzung der richtigen Arbeit dar. Ich bin gar nicht der Meinung, dass man sagen kann,diese Elemente im Nationalsozialismus seien nur zum Betrug der Arbeiter erfunden. Es ist vielmehr so,dass der Nationalsozialismus mit seiner Ideologie ein Sammelsurium darstellt und dass er es verstanden hat, sich in breiten Massen lebendige sozialistische Wünsche, revolutionäres Wollen nutzbar zu machen.-Vielleicht sehen das die Deutschdeuter endlich ein!


  • 1 Monat später...
Geschrieben

Deutsch ist zu schwer, which drives me crazy. lalalalala...


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