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Warum Schwulsein aufdrängen?


Empfohlener Beitrag

Geschrieben

Das frage ich mich schon ziemlich lange. Grade in den ganzen Outing-Diskussionen tritt es immer auch durch, dass man die Bekannten, die Verwandten oder die Öffentlichkeit mit dem Privaten behelligen soll. Warum eigentlich, oder wie nahm das seine Anfänge?
Mir ist noch nie jemand begegnet, der mir nebenbei sagte, ach ja, übrigens, das solltest Du wissen : Ich bin hetero, und das ist gut so. Oder ähnliches. Dass es wichtig für Sport, Freizeit, Bekanntenkreis oder sonst viel wäre. Warum ist es notwendig, selbst ein "Outing" kann ich nicht als notwendig sehen. Wo ist die Privatsphäre geblieben, und warum ist es denn so wichtig, dass alle Welt darüber Bescheid haben soll?
Das hat in manchen Aspekten fast so etwas wie Lebensbeichte... ob es gar daher rührt, dass den Jüngern des christlich durchtränkten Abendlands einst vorgegeben wurde, dass sie sich in allen Lebensinhalten der jeweiligen Obrigkeit zu offenbaren haben, kann sich ein Geschichtswanderer eventuell herauslesen. So tief will ich gar nicht schürfen.

Liegt dahinter nicht vielleicht auch nur ein Potenzial für Häme und Hohn, an dessen Quell sich die Missgönner laben? So, wie im Forum sich manch Faker an unser aller Offenheiten labt? Ich bin der Auffassung, dass manches Schwulsein im Verborgenen unbeschwerter blühen könnte, aber natürlich sollte die Wahl des Einzelnen über einem propagierten Ideal liegen.

Was hat es die Welt zu interessieren, wie oder mit wem alle zusammen leben, Privates teilen?

Nachtrag:
Es soll nicht generell gegen "Outing" gehen, sondern eher pro Privatsphäre.


Geschrieben

Ja, da kann ich Dir echt zustimmen; ich bin auch der Meinung,das es nicht sein muss,das man jedem sagen "muss",das man homosexuell ist.
Schon gar nicht,wenn man in einer konservativen Familie oder in einem Beruf steht, und man ahnt,das die
Menschen dort Abneigung oder Spott gegen Homosexuelle haben.
Das muss man sich wirklich nicht auflasten;das kostet oft mehr Energie als die Sache wert ist.

Ich hatte vor einigen Jahren einen Chef in einem Wohnheim für Menschen mit Behinderung;
dieser sagte gleich beim Vorstellungsgespräch zu mir,das er mit einem Mann verheiratet ist.
Obwohl er mich kaum 20 Minuten kannte und nicht wußte, das ich auch schwul bin.

Mir hat seine offene Einstellung zwar imponiert, ich könnte dies jedoch nicht an einem Arbeitsplatz.
Schon gar nicht,wenn gar keiner danach fragt.
Manche sagen,das man ein Feigling sei, wenn man nicht jedem sagt,das man schwul ist; dem kann ich nicht zustimmen, jeder muss das für sich selbst entscheiden.

(Ähnlich ist es auch für Transsexuelle; da muss es auch nicht sein,das die-sofern sie optisch nicht auffälllig sind-
sagen, das sie trans sind)
Heteros sagen auch nicht alles über sich.


Geschrieben

Das ist doch ein zweischneidiges Schwert: Zum einen hast du völlig recht, @IVM, mir ist noch niemals ein Hetero begegnet, der mir seine Art der Sexualität "gebeichtet" hätte. Nein, denn für ihn ist diese Form etwas selbstverständliches, es ist seine Sache.

Zum anderen muss den Menschen aber vor Augen geführt werden, dass Homosexualität ganz genauso selbstverständlich ist. Und hier kommt das öffentliche Outing ins Spiel. Macht es Heteros in beispielhafter Weise deutlich, dass es Schwule/Lesben/Transsexuelle in allen Gesellschaftsschichten gibt.
Warum aber diese Erklärungsnot? Wie auch hier @IVM schon richtig bemerkte, ist es doch reine Privatsphäre, wen wir lieben. Nur kann man oftmals diese Privatsphäre nicht länger wahren, zumal man gedrängt wird, sich wie alle Heteros zu verhalten. Da ist es doch gut, um den psychischen Druck heraus zu nehmen, ein Geständnis seiner sexuellen Orientierung abzulegen.

Auch wenn ich ganz sicher nicht mit meinem Schwulsein hausieren gehe, bekommt aber jeder, der mich danach fragt, eine ehrliche Antwort.

Geschrieben

Warum Schwulsein aufdrängen?
Ich dräng´s keinem auf, warte nur darauf, bis es in aller Leute Gehirnwindungen als selbstverständlich durchgedrungen ist und somit auch kein Thema zur Diskussion mehr darstellt - bei den Heten ist das ja auch nichts, was man näher erörtern müsste.

Geschrieben

bei dieser diskussion oder diesen gedankengängen wird eines schnell vergessen. überall und in den sonderbarsten zusammenhängen wird uns hetrosexualität aufgedrängt. eine werbung für margarine preist nicht nur das produkt(die margarine) an, sondern auch wie schön doch heterosexuelles beisammensein sei. so gesehen finden hetrosexuelle outings so häufig statt, dass wir schon mühe haben sie als solche zu erkennen. auch höre ich von hetrosexuellen männer nie, dass sie ihre männlichen freunde ausgesprochen liebenswert empfinden. sie sagen das nicht(es sei denn sie sind besoffen) aus der furcht heraus, für schwul gehalten zu werden. ein junge, der tänzer werden will, wird mit der sorge von freunden oder familie und verwandten überhäuft, dass er doch dadurch schwul werden könnte. die heterosexuellen sagen nicht "ich bin hetero und das ist auch gut so" sie machen deutlich dass sie heten sind und machen unmissverständlich klar, dass dies das "richtigere" das "normalere" sei. männer pfeifen vor allem in gesellschaft mit anderen männern frauen nach. was ist das anderes, als der welt demonstrieren zu müssen, dass mann hete ist? alleine der begriff "andersherum" macht ja eine einstellung und eine bewertung deutlich! ich gehe nicht mit meiner homosexualität hausieren. doch es ist mir eine freude meine hetenfreude auf die attraktivität von männern, die wir so um uns sehen, hinzuweisen. auf die ja oft sehr entsetzt gestellte frage, "bist du etwa schwul"?? antworte ich gerne, "ja, natürlich und schliesse mit genuss die frage an "du etwa nicht??" genauso "entsetzt" gefragt. und zeige dann mitleid wenn dann dieses nein mit dem gewissen brustton der überzeugung kommt. ich bin tatsächlich der überzeugung, dass ein mensch der nicht schon einmal homosexuell geliebt hat, etwas ganz entscheidendes verpasst hat. so ist es mir allerdings auch eine freude schwulen männern zu sagen, dass sie nie "nie" sagen sollten
es ist die enge des denkens , dieses schon vorab auf jegliche freihheit zu verzichten, das bei mir vielen menschen gegenüber mitleid erzeugt. ich dränge nicht auf, ich dränge dagegen


Geschrieben

Danke für die Beiträge. Dank Rolfina verstehe ich's etwas besser, dass es da wohl um eine Art angestrebte Gleichsamkeit der Seiten geht, um vielleicht Balance in der allgemeinen Haltung zu Werten.

Dass im Verhalten angemessen der Natur der Heteros schon ein "Demonstrieren" inne liegt, hätte ich zwar nicht so drastisch gesehen, mir fällt aber auch auf, dass man niemand auf der Straße sieht, wo ein Kerl einem Kerl hinterher pfeift, oder eine Frau einer Frau. Diese Verhaltensweisen scheinen selbstbewusst nur von Heteros verwendet zu werden.

Warum sieht man keine Schwulenpärchen in der Werbung Pudding vorstellen, warum keine Rosamunde Pilcher-Folgen, die von einer Lesbenliebe oder über Transgender handeln, warum keinen entspannten Umgang mit den Schwulen außerhalb der karrikativen, parodierten oder extravaganten Rollen? Auch das ist ein interessanter Aspekt. Auf ZDF laufen die Filme mit Bezug zum Schwulenthema um oder nach Mitternacht. Und warum keine Sendung mit der Maus mit einem schwulen Hein Blöd... da geht es weiter. Das Schwulsein wird schon an seinen banalsten Anknüpfungen zum täglichen Leben gegängelt und zensiert. Daher abgeleitet kann ich einen Teil des "lauter Drehens" schon nachempfinden.

Die Heteros drängen uns ihr Leben aber doch auch nicht mehr auf, oder? Jedenfalls nicht viele. Wenn's keiner weiß, macht es die nicht heiß, wer nichts davon ahnt, hat keinen Grund, einem Frauen vorbei zu schicken.
Das mit dem "verpasst haben" denken wohl auch viele Heteros, das hab ich hin und wieder auch schon gelesen, allerdings gibt es genug Bisexuelle, die dann beide Varianten getestet haben. Das ist eher ähnlich der Idee, einem Blinden zu sagen, weil er nie sehen konnte, hätte er was verpasst. Hat vielleicht aber auch der Sehende, der noch nie blind war, oder?

@MueMue : Verhält man sich nicht sowieso im öffentlichen Leben wie alle? also Heteros, Homos, alles zusammen, wenn man eine Privatsphäre kennt und die der jeweils anderen achtet? Dann ist es doch gar nicht bedeutend, wer wie ist, denn das erzählen sich jeweils nur die Partner in einer Beziehung, und da bei zu'ner Tür und aus'es Licht ;-)


Geschrieben

Man sollte vielleicht mal die sogenannten Tunten ins Spiel bringen, die sich dann doch nicht so wie alle Mensche verhalten. Sie müssen es der ganzen Welt zeigen, wie schwul sie doch sind. Da braucht es keine Privatsphäre mehr, denn deren Verhalten macht ihre sexuelle Orientierung offensichtlich.

Aber auch allein der Argwohn, jemand könnte tuntig sein und gilt damit unbedingt als schwul überführt, genügt, um in Erklärungsnot zu geraten. Dann ist die Privatsphäre dahin und man kommt unter Druck, sich entweder zu bekennen oder es zu verleugnen.

Die Zeiten, dass man nur hinter geschlossener Tür und ausgeschaltetem Licht zu seiner Beziehung steht, oder womöglich noch abgeschieden im Keller, sind doch hoffentlich schon vorbei. Homosexualität muss noch selbstverständlicher werden. Ich für meinen Teil habe in Partnerschaften bei Spaziergängen meist Händchen gehalten und habe auch in aller Öffentlichkeit geknutscht - völlig normal! Auch wenn ich nicht zu jedem hinrenne und gleich sage, du hör mal zu, ich bin schwul, so lebe ich nicht versteckt.

Geschrieben

Jawohl ich finde auch, daß es nicht weiter angehen kann, daß ein jeder die Welt der Heterosexuellen aufgedrängt bekomt, wie Rolfina es sagt! Gestern habe ich eine Sendung gesehen, da gieng es um schwule Paare, die Kinder adoptiert haben.
Da war zum Beispiel dieses hübsche und symphatiche Paar mit den schönen Brillen und der netten Kurzhaarfrisur. Warum können die nicht für Werbung für Schuhe eingesetzt werden? Oder auch ein Schwuler mit einem Fetisch, der im Latexanzug eine Werbung für einen schicken neuen Sportwagen macht, das könnte ich mir gut vorstellen. Zum Beispiel auch Promminnente, wie zum Beispiel der Engländer Ellton John, er könnte als das schwule Musterbeispiel schlechthin eine gute Werbung für Schokoladenriegel oder für ein neues knuffiges Familienauto, das streng für unsere Umwelt ist und von unserem Staat gefördert die schlimmen alten Autos von der Straße schicken kann.


Geschrieben


Auch wenn ich nicht zu jedem hinrenne und gleich sage, du hör mal zu, ich bin schwul, so lebe ich nicht versteckt.



eben, lieber Münchner darum gehts, verstecken müsste ich soviel, wenn ich nicht wollte, dass andere meine neigung mit bekommen. es ist auch immer das totschlag-argument, das schwule da so aufdringlich seien.typischer heten-spruch "ich hab ja nichts dagegen, dass du schwul, doch will ich davon nichts mitbekommen"
was ist daran störend, wenn menschen ihre vorlieben von einander erfahren?


  • Moderator
Geschrieben

Meine heutige Einstellung hierzu entspricht in etwa der von @MueMue.
Wärend ich in jungen Jahren stets darauf bedacht war keinen "Verdacht" zu erregen stehe ich heute zu meiner Lebensweise. (diesen Terminus "Lebensweise" finde ich allemal besser als das so viel gebrauchte "Veranlagung", denn schliesslich spricht auch niemand von "heterosexueller Veranlagung")

In meiner Jugendzeit gab es noch den §175. Ein schwules Bekenntnlis oder Zwangsouting kam zu der Zeit einem Spiessrutenlauf gleich. Homosexuelle Politiker waren damals undenkbar, schwule Künstler allenfalls geduldet. Unsere Gesellschaft war zur damaligen Zeit noch sehr prüde. An den Zeitungtskiosken wurden bei den ersten Zeitschriften, auf denen barbusige Mädels die Titelblätter zierten, die Titten noch schamhaft mit Zettelchen abgeklebt. Schwule Magazine gab es wenn überhaupt nur unter dem Ladentisch. Nach der "sexuellen Revolution" mitte der 70ger Jahre veränderte sich das grundlegend, doch war es bis zur heutigen Akzeptanz der Homosexualität noch ein weiter und schwerer Weg.

Heute muss sich zum Glück niemand mehr verleugnen. Ich beneide unsere Jugendlichen um die Freiheit sich ohne Furcht vor Repressalien offen zu ihrer sexuellen Orientierung bekennen zu können, aber auch ich habe heute kein Problem mehr damit zu meiner Homosexualität zu stehen. Das bedeutet aber nicht dass ich damit hausieren gehe. Wie @IVM schon schrieb: Ich kenne auch niemanden der sich als heterosexuell outet mit den Worten "ich bin heterosexuell, und das ist auch gut so" Wenn es aber jemanden interessiert sodass er mich direkt danach fragt, dan sehe ich keinen Grund mich selbst zu verleugnen.

Ein Problem und ein Hindernis bei der Akzeptanz von Homosexualität sind meiner Meinung nach die "Klischeeschwuchteln". Wie in allen anderen Gesellschaftsgruppen auch gibt es unter Schwulen eine extrem extrovertierte Minderheit, welche alles daran setzt durch betont tuntiges Auftreten zu provozieren. Solche Tucken werden dann auch schon mal gerne von den Medien benutzt um drittklassige Daily-Soaps, Talk- oder Gerichtsshows aufzupeppen. Diese "Musterschwuchteln" sind aber sicher keinewegs repräsentativ für Homosexualität, dem grössten Teil der Schwulen wird man die sexuelle Ausrichtung im Alltag wohl nicht anmerken.

Geschrieben


Diese "Musterschwuchteln" sind aber sicher keinewegs repräsentativ für Homosexualität...




Leider doch So prägen sie immer noch nachhaltig das Bild beim CSD, auf dem sie sich fingerspreizend und schrill bis dort hinaus (jeder Papagei wirkt blass daneben) auftakeln, rumtucken und so ziemlich jedes Klischee bedienen, dass die gewöhnliche Hete vom Schwulen kennt, die "Ledertrinen" runden das Bild dann noch ab. Die meisten Heten jedoch würden blass werden, wenn sich jeder aus ihrem Bekanntenkreis plötzlich outen würde, insgeheim nämlich hat sich wohl schon jeder damit auseinander gesetzt und was das Wort Homophobie auch schon beinhaltet: Die meisten Heten haben schlicht und ergreifend Angst, damit unmittelbar konfrontiert zu werden, hat doch die eine oder andere "normgesteuerte" Hete selbst schon Fantasien in diese Richtung entwickelt


Geschrieben

Dass sich diese "Musterschwuchteln" in dieser schrillen, bunten und klischeehaften Weise präsentieren, hat nun aber gar nichts damit zu tun, dass sie ein repräsentatives Bild aller Homosexuellen darstellen. Es hinterlässt lediglich einen stärkeren Eindruck bei den Menschen, da sie sich ausgefallener darbieten. Gerade das Außergewönhliche wird dann eher wahrgenommen und als Norm betrachtet, so ist es leider.

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