Schwule Soldaten – das ist bei der Bundeswehr auch 2017 noch ein Tabu, auch wenn sich das Heer dem Thema inzwischen von offizieller Seite geöffnet hat. Schließlich war Homosexualität noch bin in die 80-er Jahre Grund für einen Ausschluss vom Wehrdienst und bis 1990 galten Gays als Sicherheitsrisiko wegen angeblicher Erpressbarkeit. Dass sich diese Situation geändert hat, ist auch dem Arbeitskreis homosexueller Angehöriger der Bundeswehr (AHsAB e.V.) und dessen Mitgliedern zu verdanken, die inzwischen seit 15 Jahren ihren Kameraden Hilfestellung und Unterstützung bieten. Gay.de sprach exklusiv mit dem Vereinsvorsitzenden Marcus Otto über diese Aktivitäten und die heutige Situation für Homos im Heer.

von Peter Dettmer

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Homophobie bei der Bundeswehr zeigt sich mit einer hässlichen Fratze: „Körperliche Gewalt, zerstochene Autoreifen, aus einer zunächst positiven wird plötzlich eine negative Beurteilung durch die Vorgesetzten“, berichtet Vorsitzender Marcus Otto von nur einigen Beispielen, wie Diskriminierung sich noch immer im Alltag der Truppe ausdrücken kann. Solche und ähnliche Vorfälle werden auch heute noch an den Arbeitskreis herangetragen, „auch wenn die Situation sich heute nicht mehr ganz so krass darstellt, wie noch vor einigen Jahren.“ Die Vereinsmitglieder versuchen dann alles, um ihre Kameraden zu unterstützen. Leicht fällt ihnen ihre Aufgabe nicht: „Betroffene informieren uns oft aus Scham nicht sofort und von Vorgesetzten kommt entweder gar keine Reaktion oder bestenfalls eine lapidare Ausrede.“ In Sachen „Sensibilisierung“ sieht der 33-Jährige noch viel Handlungsbedarf in der Truppe.

Ab 2000 stand der Dienst an der Waffe auch Frauen gegenüber offen. Aus dem ehemaligen BASS (Bundesarbeitskreis schwuler Soldaten) wurde so 2002 der AHsAB e.V. Fotos: Bundeswehr

Das Führungskräfte nicht immer offen mit der Problematik umgehen, liegt häufig an der eigenen Einstellung. „Wer sich positiv äußert, bringt sich vielleicht in Verdacht, selbst homosexuell zu sein – so denken vermutlich noch viele.“ Oft zeige sich die Diskriminierung auch versteckt. „Da ruft heute keiner mehr 'schwule Sau', stattdessen werden Soldaten gemieden, oder ihnen werden beispielsweise wichtige Informationen vorenthalten.“ Dann sind die Ansprechpartner aus dem Arbeitskreis gefordert, die Angelegenheiten mit Feingefühl anzugehen, Gespräche mit Vorgesetzten zu suchen und den betroffenen Soldaten Mut zu machen. Viele wagen sich ohnehin nicht solche Vorfälle vorzubringen. „Die Dunkelziffer ist enorm hoch“

Vereidigung in Berlin zum Dienst. Ein Outing zuvor erfolgt allerdings eher selten. "Mit Fingerspitzengefühl" bieten die Mitgleider im Arbeitskreis Unterstützung an.

Der AHsAB erfreut sich wachsender Resonanz. Von den 160 Mitgliedern sind 50 dem Arbeitskreis im Vorjahr beigetreten. Einen Auslöser sieht der Hauptmann dabei im Outing von Ex-Profikicker Thomas Hitzlsperger. „Dadurch hat sich viel getan und es gab reges Interesse der Öffentlichkeit am Thema.“ Und so wagte sich auch die Bundeswehr-Zeitschrift Y an das „heiße Eisen“ Homosexualität beim Bund. Nach Jahren der Verdrängung und Verleugnung wurde die AG zum Titelthema und deren Aktivitäten im Rahmen einer sechsseitige Veröffentlichung gewürdigt. Da titelte sogar die Bild-Zeitung: Schwul beim Bund - na und! Das über Homosexualität auch im Heer offen gesprochen wird, kann für die Soldaten überlebenswichtig sein – etwa bei den Planungen für einen Auslandseinsatz der Truppe in einem islamisch geprägten Land.

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Auch in der Politik wurde das Thema erkannt und angemnommen, hier von Bundesverteidigungsministerin Dr. Ursula von der Leyen im Rahmen des Workshops Sexuelle Orientierung und Identität in der Bundeswehr.

Inzwischen sind bei der Bundeswehr gleichgeschlechtliche Beziehungen innerhalb der Truppe kein Problem mehr für die Heeresleitung, ebenso wie auch die Themen Transsexualität oder HIV. Bundesverteidigungsministerin Dr. Ursula von der Leyen habe mit ihren Aktivitäten viel zur Verbesserung der Situation beigetragen. Diversity Management lautet das Stichwort, unter dem beim Bund seit dem 1. Mai 2016 die Vielfalt der Truppe offiziell in den Vordergrund gestellt wird. „Wir haben in den 15 Jahren viel erreicht“, schließt Marcus Otto und sieht doch den Bedarf, sich auch weiterhin für die Community einzusetzen: „Beim Eröffnungstanz zum Jahresball der Luftwaffe oder des Heeres hat es noch nie ein gleichgeschlechtliches Paar gegeben...“

Das Schamgefühl ist groß, oft wagen sich Soldaten deshalb nicht, ein Gespräch und Unterstützung durch den Arbeitskreis zu suchen.


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7 Kommentare

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hillylem

Geschrieben

vor 3 Stunden, schrieb Peter_Dettmer:

Hallo Hillyem,

vielen Dank für Deine Ergänzungen! Alle Angaben in dem Beitrag kamen natürlich so vom Vorstand des Vereins und wurden von diesem vor der Veröffentlichung auch noch einmal geprüft. Das Bundeswehr-Magazin "Junger Soldat" war mir als Außenstehendem natürlich nicht bekannt. Aber alles in allem merkt man, dass Homosexualität beim Bund im Gegensatz zu der Meinung eines anderen Kommentars hier, auch weiterhin thematisiert werden muss. Viele Grüße!

Hallo Peter,
da bin ich dann doch etwas erstaunt. Dass der AHsAB nicht aus dem BASS entstanden ist habe ich damals vom einem der Initiatoren und allererstem Vorsitzenden erfahren. Man habe Kontakt mit dem BASS gesucht, ihn aber nicht bekommen.
Leider weiß ich nicht mehr genau, wann der Artikel in der JS erschienen ist, aber es muss Frühjahr 1994 oder vorher gewesen sein. Vielleicht hat ja jemand noch diesen Artikel.

Gruß

Werner

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Di****

Geschrieben

Am 25.3.2017 at 23:12, schrieb hillylem:

Hallo Hillyem,

vielen Dank für Deine Ergänzungen! Alle Angaben in dem Beitrag kamen so vom Vorstand des Vereins und wurden von diesem vor der Veröffentlichung auch noch einmal geprüft. Das Bundeswehr-Magazin "Junger Soldat" war mir als Außenstehendem natürlich nicht bekannt. Aber alles in allem merkt man, dass Homosexualität beim Bund im Gegensatz zu der Meinung eines anderen Kommentars hier, auch weiterhin thematisiert werden muss. Viele Grüße!

Nicht ganz sauber recherchiert, einige Fehler fallen auf:

Der sogenannte "Homosexuellenerlass", den es offiziell eigenmtlich gar nicht gab, existierte bis 2000 und wurde erst mit dem Erlass "Soldat und Sexuaklität" aufgehoben. Dieser erschien nach einer außergerichtlichen Vergleich zwischen BMVg und dem Oberleutnant Winfried Stecher, der vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt hatte. Der "Homosexuellenerlass sah vor, dass "als offen homosexuell erkannte" Soldaten nicht mehr ge- und befördert wreden durften. Waren sie in Führungspositionen, in denen Soldaten unterstellt waren, waren sie aus diesen zu entfernen, denn Homosexualität galt als Führungsschwäche. Zeitsoldaten war eine Verlängerung des Dienstverhältnisse verwehrt, Berufssoldaten bekamen Verwendungen in Bereichen, in denen sie keine Untergebenen und keine Lehrverwendung hatten. Eben genau gegen dieses hat Winfried Stecher geklagt, der nach Offenkundigwerden seiner Homosexualität seiner Lehrtätigkeit entbunden wurde.

Der AHsAB ist nicht aus dem BASS entstanden. Der BASS hat sich weit vorher aufgelöst, der AHsAB wurde von Offiziersanwärtern der Marine in Flensburg gegründet. Möglich wurde das durch den o.g. Erlass.

Nicht nur die Zeitung Y hat sich dem Thema Homosexualtität und Soldat genähert. Das gab es schon Anfang der 90er, als das Magazin "Junger Soldat" dieses Thema aufgriff, was zu sehr heftigen Reaktionen führte. Aber es dauerte Jahre, bis das Thema innerhalb der Bundeswehr differenzierter angegangen werden konnte.

Das Homosexualität von der Politik erkannt und angenommen wurde ist kein Verdienst der Bundeswehrkindergärtnerin Flintenuschi, sondern von den Kameraden, die sich, vor allem über den AHsAB, für die Belange der Kamerdan eingesetzt haben. Es gab vorher schon Gespräche mit Kommandeuren und Vorgesetzten, nur wurde es niemals so hoch aufgehängt wie unter v.d.L, aber wahrscheinlich auch nur, weil sich damit ähnlich gute Schlagzeilen machen lassen wie bei der Eröffnung eines Kindergartens in einer Kaserne, auch wenn die Blöd Zeitung den Workshop populistisch zerrisen hat.

 

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hillylem

Geschrieben

Nicht ganz sauber recherchiert, einige Fehler fallen auf:

Der sogenannte "Homosexuellenerlass", den es offiziell eigenmtlich gar nicht gab, existierte bis 2000 und wurde erst mit dem Erlass "Soldat und Sexuaklität" aufgehoben. Dieser erschien nach einer außergerichtlichen Vergleich zwischen BMVg und dem Oberleutnant Winfried Stecher, der vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt hatte. Der "Homosexuellenerlass sah vor, dass "als offen homosexuell erkannte" Soldaten nicht mehr ge- und befördert wreden durften. Waren sie in Führungspositionen, in denen Soldaten unterstellt waren, waren sie aus diesen zu entfernen, denn Homosexualität galt als Führungsschwäche. Zeitsoldaten war eine Verlängerung des Dienstverhältnisse verwehrt, Berufssoldaten bekamen Verwendungen in Bereichen, in denen sie keine Untergebenen und keine Lehrverwendung hatten. Eben genau gegen dieses hat Winfried Stecher geklagt, der nach Offenkundigwerden seiner Homosexualität seiner Lehrtätigkeit entbunden wurde.

Der AHsAB ist nicht aus dem BASS entstanden. Der BASS hat sich weit vorher aufgelöst, der AHsAB wurde von Offiziersanwärtern der Marine in Flensburg gegründet. Möglich wurde das durch den o.g. Erlass.

Nicht nur die Zeitung Y hat sich dem Thema Homosexualtität und Soldat genähert. Das gab es schon Anfang der 90er, als das Magazin "Junger Soldat" dieses Thema aufgriff, was zu sehr heftigen Reaktionen führte. Aber es dauerte Jahre, bis das Thema innerhalb der Bundeswehr differenzierter angegangen werden konnte.

Das Homosexualität von der Politik erkannt und angenommen wurde ist kein Verdienst der Bundeswehrkindergärtnerin Flintenuschi, sondern von den Kameraden, die sich, vor allem über den AHsAB, für die Belange der Kamerdan eingesetzt haben. Es gab vorher schon Gespräche mit Kommandeuren und Vorgesetzten, nur wurde es niemals so hoch aufgehängt wie unter v.d.L, aber wahrscheinlich auch nur, weil sich damit ähnlich gute Schlagzeilen machen lassen wie bei der Eröffnung eines Kindergartens in einer Kaserne, auch wenn die Blöd Zeitung den Workshop populistisch zerrisen hat.

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ta****

Geschrieben

warum nicht?ist doch gayl :-)

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Klasse

Geschrieben

Ich finde man soll endlich mal aufhören die Frage zu stellen darf ein schwuler das machen oder nicht. Es sind auch nur Menschen wie jeder andere auch. Und meistens noch die besseren. Man soll es so hin nehmen wie es ist uns nicht erst fragen bist du schwul oder nicht. In der heutigen Zeit ist das nicht wichtig diese Frage noch zu stellen .

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Da****

Geschrieben

Also was soll das Gerede mit der Diskriminirung denn. Ich selbst war 1975 beim Bund als Soldat und das hat es auch schon damals gegeben, nur ist damals bei uns keine Dumm angeredet worden warum denn auch? Nur weil Er Schwul oder Bi ist? Das gab es damals nicht bei uns, da waren wir alle Kamaraden, egal wie einer war oder ist. Klar Heute da muss ja auf jeden mit dem Finger gezeigt werde der nur ein klein wenig anders ist, besonders bei der jungen Generation ist das sehr beliebt. Ich frage mich nur wo bleibt da unsere Toleranz, die sollte man doch einmal in seiner Kindheit gelernt haben, oder sind da viele im Laufschritt durch????

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Fr****

Geschrieben

Wieso muss das immer noch so ein thema sein .Ich finde das traurig das sowas immer noch als was besonders dagestellt werden muss.

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