Ein Leben lang keine Party auslassen, jedes Wochenende geht’s mit den Freunden auf Tour durch die Szenekneipen und Discotheken – und doch steckt uns allen dabei die Angst im Nacken: Was passiert eigentlich, wenn ich eines Tages zu alt bin, einsam werde oder sogar auf fremde Hilfe angewiesen bin? An anderer Stelle im Netz wird es als 'das letzte Tabuthema' bezeichnet: Homosexuelle im Alter. Doch genau hier setzt die Arbeit der Gruppe Rosa Paten an: Seit zehn Jahren begleitet das Team der Aids-Hilfe Frankfurt schwule Senioren bei Freizeitaktivitäten wie Ausflügen, einem Einkaufsbummel oder einer gemütlichen Plauderstunde. Die Redaktion von Gay.de sprach mit Norbert Dräger, Gründer und Leiter der Initiative, über den ehrenamtlichen Einsatz und dessen Herausforderungen.

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„Vergleichbare Projekte gibt es in ganz Deutschland nur in Berlin und München“, erinnert sich der Initiator zurück, wie in ihm die Idee heranreifte, eine ähnliche Gruppe auch in der Main-Metropole ins Leben zu rufen. Schnell stießen engagierte schwule Männer dazu, die den Besuchsdienst im ehrenamtlichen Einsatz unterstützen wollten und wuchsen auf ein heute zehnköpfiges Team an. Inzwischen werden zehn Senioren im Alter zwischen Mitte 60 und 83 Jahren regelmäßig besucht, um mit Kino- und Museumsbesuchen, Spielnachmittagen oder vielen weiteren Aktivitäten die Freizeit auszufüllen.

Gemeinsamer Ausflug der Rosa Paten: Einmal jährlich findet das Treffen der Ehrenamtler und ihrer Senioren statt. Fotos (3): eLHiT photography

„Viele in dieser Generation sind sehr verschwiegen, was ihre Homosexualität betrifft“, weiß der Projektleiter. „Diese Generation erlebte ihr Coming Out in den 40-er und 50-er Jahren, wurde noch von Verfolgung durch den § 175 bedroht und führte oft ein Doppelleben.“ Zeiten, in denen gleichgeschlechtliche Partner noch in finsteren Kellerkneipen, die hinter verschlossenen Türen lagen, gesucht und gefunden wurden - das prägt für den Rest des Lebens. Sie schämen sich vor ihren Nachbarn oder Mitbewohnern.

Viele Senioren leiden unter sozialer Isolation. Die Rosa Paten leisten ihre Arbeit gegen Einsamkeit und Abschottung.

Genau diese Schamgefühle sind des, die es dem Team schwer machen, Kontakt zu finden zu ihrer Zielgruppe, die teilweise noch in eigenen Wohnungen, oft aber auch in Wohn- oder Pflegeeinrichtungen leben. „Männer holen sich generell seltener Hilfe, und bei schwulen Männern ist das Schamgefühl eben meist noch größer.“ Manchmal gibt es einen Tipp des Personals aus den Einrichtungen, etwa wenn sich einer der dementen Senioren mal kurz vergisst und sich einen eindeutigen Blick, oder Klaps auf den knackigen Po des Pflegers nicht verkneifen konnte. „Häufig kommen durch solche Vorahnungen auch die Kontakte zur Betreuung zustande.“

Waren über einen langen Zeitraum ein bewährtes Duo: Rosa Pate Matz bereute Senior Christian bis dieser verstarb .

Natürlich gibt es auch Vorbesprechungen, bei denen dann ans Licht kommt, dass ein Senior eigentlich nach einer Partnerschaft sucht, statt nach einer Freizeitbegleitung. „Bei dieser Erwartungshaltung kann leider keine Betreuung zustande kommen. Auch wenn - was bisher zum Glück nur ein einziges mal vorgekommen ist - es von Seiten des Senioren zu sexuellen Annäherungsversuchen kommt, muss das Team passen: „Es ist sehr selten, schließt Norbert Dräger, aber derartige Anforderungen erfüllen wir natürlich nicht. Da müssen wir die Leute enttäuschen.“

Auch die Politik - hier Staatssekretär Dr. Ralf Kleindiek - hat scheinbar Handlungsbedarf zum Thema erkannt. Foto: Bundesregierung / Denzel

Tatsächlich bestätigt sich bei den Recherchen zu diesem Beitrag, dass es Sexualassistenten für heterosexuelle, hilfsbedürftige Menschen längst gibt, dagegen ließ sich trotz intensiver Suche für schwule Männer bundesweit kein einziges entsprechendes Angebot ausfindig machen. Der 2015 gegründete Verein Bundesinteressenvertretung Schwuler Senioren (BISS) hat sich zum Ziel gesetzt, Sprachrohr für die Belange dieser Klientel zu werden. Wie groß der Bedarf ist, bestätigte auch Staatssekretär Dr. Ralf Kleindiek anlässlich des 11. Deutschen Seniorentags:“ ...in der öffentlichen Wahrnehmung sind schwule Senioren kaum vorhanden.“

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Weiterführende Links:

Fachverband für ältere Schwule: Initiative BISS

Verband LSVD: Aufbruch Gay & Gray

Gegen die Einsamkeit: Rosa Paten Frankfurt

Besuchs- und Begleitdienst: Schwule Paten München

Besuchsdienst Berlin: Mobiler Salon

(Beitrag von Peter Dettmer im Auftrag für Gay.de) 


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4 Kommentare

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Sixtieniner

Geschrieben

Hallo, ich bin ein alter Schwuler (73) und lebe seit über 3 Jahren in einem Alten- und Pflegeheim.

Ich möchte auch einmal etwas Positives zu diesem Thema beitragen; obwohl ja  Schwulsein im Alter ein wirklich ernsthaftes Thema ist, das Jeden früher oder später betrifft. Im Heim (eine Einrichtung der Diakonie) in dem ich wohne habe ich mich von Anfang an als schwul bekannt und niemals auch die geringste Art von Ablehnung erfahren. Im Gegenteil; denn nicht zuletzt durch mein fröhliches und optimistisches Wesen habe ich hier echte FreundInnen gefunden, die mir in allen Dingen Hilfe leisten die weit über ihre beruflichen Leistungen hinausgehen ! Zum  Beispiel haben Sie mir u.A. Smartphone und Notebook besorgt, für Internetzugang gesorgt und verwöhnen mich mit allerlei Geschenken sowie privaten Einladungen und anderen Wohltaten. Als bescheidene Gegenleistung unterstütze ich das Personal soweit ich kann bei seiner Arbeit. - Ich habe absolut keinen Grund um Trübsal zu blasen oder gar depressiv zu sein ! Durch die Vermittlung einer Pflegerin habe ich auch einen wunderbaren Freund gefunden, der in der Nähe wohnt und mich regelmässig besucht, und der mich ebenso mit allerlei Dingen versorgt, die ich mir von meinem geringen Taschengeld hier nicht leisten kann. - Es geht mir also unter den gegebenen Umständen gut, vielleicht auch deshalb weil ich mein Altsein und die damit verbundenen Nachteile akzeptiere und jeden Tag bewusst erlebe.

Und an dieser Stelle kann ich auch berichten, dass ich dank "Gay.de" sogar recht schöne Sex-Erlebnisse hatte mit Usern die mich hier besucht haben. Auch solche Besuche werden hier als selbstverständlich akzeptiert und sogar unterstützt.

Vielleicht kann ich mit meinem Bericht anderen Betroffenen ein wenig Mut machen. Optimismus und positives Denken können auch beim Älterwerden eine grosse Hilfe sein !

Mit allen guten Wünschen für die gesamte "Gay.de-Gemeinde"

Der "Sixtieniner"

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Geschrieben

Schoene Idee, schade, das es dies noch so selten gibt. Allein sein ist nur schoen, wenn man es  wirklich will. 

 

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Geschrieben

Es ist wunderschön zu wissen das es Einsatz gegen Einsamkeit gibt Ich bin auch alleine und sehr Einsam

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Gayleipzig

Geschrieben

Gefällt mir und sollte in jeder Stadt geben :-)

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