Pardon, können Sie mich schwul machen? Teil I

[NürnbergGay]

Schon seit Stunden steuer ich mein Wohnmobil über die nächtliche Autobahn. Und genauso lange sehe ich die blöden Rücklichter des vor mir fahrenden LKW mit polnischem Kennzeichen. Denn immer, wenn ich ihn überholen wollte, zeigte mir ein Verkehrschild an, daß das hier verboten sei. Und davon gibt es viele in Frankreich. Sehr viele. Ich glaube, an jedem Maulwurfshügel, der sich entlang der Autobahn befand, befindet sich solch ein Verbotsschild. So kommt es mir jedenfalls vor. Und außerdem ist es voll auf der Autobahn. Fast im Minutentakt werde ich von einem Pkw überholt. Da kommt noch hinzu, es geht stetig bergauf oder hinunter und das macht mein alter, umgebauter Benz nicht mehr so flott mit. Trotzdem schnurrt der Diesel wie ein Kätzchen. Na sagen wir mal, wie ein dicker, schwerfälliger alter Kater. Aber er schnurrt. Und sehr selten hatte mich der Motor mal in Stich gelassen. Die Gegenfahrbahn scheint nicht so stark frequentiert zu sein, denn nur vereinzelt durchdringen Scheinwerfer die ansonsten tiefschwarze Nacht. Lyon lag schon einige Kilometer hinter mir und  Perpignon war mein für heute gesetztes Etappenziel auf meiner Urlaubsreise an die Algarve in Portugal. Lange hatte ich auf diese Reise gespart, penibel die Fahrtroute geplant und berechnet, nach passenden Campingplätzen geforstet und Tankstellen gesucht. Seit Monaten freue ich mich auf diese Reise in eine mir bekannte Gegend. Vor zwanzig Jahren war Lagos in Portugal meine Heimat für lange Zeit. Sechs Jahre, um genau zu sein. Als gelernter Koch hatte ich dort zuerst als Aushilfe gearbeitet und wurde dann von einem deutschen Gastronom übernommen und hatte bei ihm als Koch gearbeitet. Und diesen Gastronom will ich nun wieder besuchen. Will schauen, was sich rund um Lagos alles verändert hat und auch etwas wichtiges erledigen. Ich will das Grab meines Partners besuchen, der damals das Krankenhaus nicht lebend verlassen hat. Wir hatten damals vereinbart, daß wir in Portugal beerdigt werden, sollte jemand von uns während unserer Partnerschaft dort versterben. Und diesen Wunsch hatte ich ihm erfüllt. Jedes Jahr überweise ich einen bestimmten Betrag an die örtliche Friedhofsverwaltung. Dafür dürfen Wilfried's sterbliche Überreste so lange in der Grabstattmauer, wie ich es für nötig erachte. Aber ich merke, ich schweife ab. Man kommt nun mal ins Nachdenken, wenn man ewig nur auf die unterbrochene Mittellinie und die Rücklichter vom Vordermann starrt. Wird Zeit, daß ich mir eine Pause gönne. Ein riesiges Hinweisschild zeigt mir an, noch ein Kilometer, und der nächste Rastplatz lädt zum Verweilen ein. Außerdem muß ich den Tank wieder voll und meinen Körper leer machen. Noch fünfhundert Meter, ich setze den Blinker und verlasse die eintönige Fahrbahn. Trotz Ferienzeit und vieler Autos auf der Autobahn, ist der Parkplatz verhältnismäßig leer. Direkt am Gebäude mit gastronomischer Einrichtung und sanitärer Anlage, findet sich ein Platz für meinen alten Kasten. Mit steifen Knochen steige ich aus ihn heraus und muß mich erstmal strecken. Das tut gut. Ebenso die frische Luft in der lauen Sommernacht. Etwas müde reibe ich mir die Augen und atme erstmal tief durch. Die Wagentür lasse ich derweil weit geöffnet, damit der Zigarettenqualm verfliegt. Das einzige Laster, welches ich jetzt noch habe. Und wenn ich allein mit meinem Wohnmobil unterwegs bin, rauche ich natürlich auch während der Fahrt. Ich schließe meine Fahrertür ab und ein klackendes Geräusch verrät mir, die anderen Türen sind jetzt auch verriegelt. Im Eingangsbereich sitzt auf der Stufe ein Junge. Vielleicht achtzehn, eventuell auch noch jünger. Schwer zu sagen. Neben sich ein großer Rucksack und vor ihm zwischen seinen Beinen, eine Flasche Cola. Er schaut mich mit seinen dunklen Augen an, streckt mir seine geöffnete Hand entgegen. " Bitte! " , sagt er auf französisch zu mir. ' Ein Tramper, der bettelt? ', schoss es mir durch den Kopf: ' Das habe ich ja noch nie erlebt! ' Ich schenke ihm weiter keine Beachtung und betrete den Gastraum. Bevor ich aber irgendetwas zu mir nehme, muß ich erstmal etwas loswerden, die Blase drückt. Ein Schild weist mir den Weg zu den Örtlichkeiten und kurz darauf wieder zurück in den gemütlich eingerichteten Gastraum. Ein Schnitzel mit Pommes und eine große Cola bestelle ich mir am Servicepoint, setze mich dann an einen Tisch und warte auf mein Essen. Vom Fenster aus habe ich den Eingangsbereich und mein davor stehendes Auto voll im Blick. Der Junge sitzt immer noch auf der Stufe, schaut ab und zu zu mir rüber und dann schnell wieder verlegen vor sich auf den Boden. ' War ich damals auch so jung, als ich das erste Mal alleine getrampt bin? Ich weiß es nicht. Ich glaube, ich hätte gar nicht den Mut gehabt, mitten in der Nacht an einer viel befahrenen Autobahn auf eine Mitfahrgelegenheit zu hoffen. Es hätte ja sonst was passieren können. ' Ich verdrängte meine Gedanken, mein Essen und die kühle Cola wurde gebracht. Als ich wieder auf schaute und aus dem Fenster sah, war das junge Kerlchen verschwunden. ' Ah! Hat er ja doch Glück gehabt. ', dachte ich und wische mir mit der Serviette die Mayonnaise von den Lippen. Gesättigt und gestärkt steige ich wieder in mein Fahrzeug, starte den Motor und fahre an die nächste Zapfsäule. Ganz schön happig, die Dieselpreise in Frankreich. Um einige Euros erleichtert, suche ich die Auffahrt zur Autobahn. ' Ist das nicht der Junge von eben, der da seinen Arm gebt mir mit dem Daumen anzeigt, daß er mit genommen werden möchte? ' Ich verlangsame das Tempo und komme kurz vor ihm zum Stehen. Die Fensterscheibe versinkt in der Tür, der Junge steckt seinen Kopf hinein: Bonjour. Können Sie mich ein Stück mitnehmen? ", fragte er mich auf deutsch. Zwar mit französischem Akzent aber ansonsten fehlerfrei. " Oui. Naturelement. " Mein Französisch lässt auch schon etwas zu wünschen übrig. Ich öffnete dem Jungen die Tür. " Merci bien " Der Junge kletterte auf den Beifahrersitz und schob den Rucksack zwischen seine Knie. 

 

Fortsetzung folgt......